Die Entschädigung beinhaltet eine vollständige und konkrete Wiedergutmachung des erlittenen Schadens:

  • Vollständige Wiedergutmachung: „der gesamte Schaden, aber nichts anderes als der Schaden“;
  • Konkrete Wiedergutmachung: die Wiedergutmachung des Schadens erfolgt im Einzelfall, entsprechend Ihrer Verletzungen, Ihrem darauf zurückzuführenden Gesundheitszustand und Ihrer persönlichen (familiären, wirtschaftlichen…) Situation.

Die medizinische expertise

Die medizinische Expertise (medizinische Begutachtung), die erste Etappe bei der Entschädigung des Körperschadens, ist der Prozess der Evaluierung der körperlichen und psychischen Auswirkungen des Verletzungen und der Folgeerscheinungen, unter denen das Unfallopfer nach dem Unfall in seinem alltäglichen Leben leidet.

Diese Evaluierung ist für eine korrekte Entschädigung des Opfers unverzichtbar.

Das Unfallopfer kann seinerseits einen Vertrauensarzt hinzuziehen, entweder um einfach dessen Meinung einzuholen oder um ihn bei einer kontradiktorischen Expertise zu unterstützen.

Jedem ärztlichen Gutachter wird ein Auftrag anvertraut, nach dessen Abschluss er ein Sachverständigengutachten aufsetzt, wenn er feststellt, dass die Nachfolgeerscheinungen sich wahrscheinlich nicht mehr weiterentwickeln werden (die „Konsolidierung“). Auf der Grundlage dieses Gutachtens wird der Betrag der Entschädigung berechnet, der dem Opfer zusteht.

Es gibt drei Arten von medizinischen Expertisen:

  1. die einseitige Expertise: Das ärztliche Sachverständigengutachten, auf dessen Grundlage der Betrag der Entschädigung berechnet wird, wird von einem einzigen ärztlichen Gutachter erstellt. Häufig handelt es sich um den Arzt, der von der mit der Entschädigung beauftragten Versicherungsgesellschaft bestellt wurde.
  2. die gütliche kontradiktorische Expertise: Das Unfallopfer und die mit der Entschädigung beauftragte Versicherung unterzeichnen eine Vereinbarung, in der zwei ärztliche Gutachter bestellt werden, der eine vom Unfallopfer, der andere von der Versicherungsgesellschaft. Die Expertisesitzungen finden in Anwesenheit dieser beiden Ärzte statt, die zusammen das Opfer untersuchen. Sie erstellen ein gemeinsames Gutachten, und nur bei Uneinigkeit hinsichtlich der Bewertung des Schadens wird ein dritter Schiedsarzt hinzugezogen, der vorab in der Vereinbarung bestimmt wurde.
  3. die gerichtliche kontradiktorische Expertise: Der Richter bestimmt einen ärztlichen Gutachter. Dieser untersucht das Opfer im Beisein des Vertrauensarztes des Opfers und des Vertrauensarztes der mit der Entschädigung beauftragten Versicherungsgesellschaft. Nach den verschiedenen Expertiseversammlungen erstellt er ein abschließendes Sachverständigengutachten für den Richter, der dieses Gutachten zur Beurteilung des Körperschadens heranzieht.

FAQ

Ja. Es handelt sich um einen Rechtsgrundsatz, dem zufolge es dem Opfer obliegt, den Beweis seines Schadens zu erbringen und nachzuweisen, dass dieser tatsächlich auf den Unfall zurückzuführen ist. Wie? Indem alle ärztlichen Unterlagen seit dem Tag des Unfalls zusammengetragen werden (medizinische Berichte, Röntgenbilder, Verschreibungen von Heilgymnastik oder anderen Behandlungen…).

Es ist wichtig, nicht mit „leeren Händen“ beim Vertrauensarzt zu erscheinen. Bringen Sie alle seit dem Unfall angelegten medizinischen Unterlagen mit, von denen Sie zuvor Kopien angefertigt haben (Berichte der Notaufnahme, der Chirurgen, Röntgenaufnahmen…). Erklären Sie dem Vertrauensarzt, welche Veränderungen sich seit dem Unfall in Ihrem Alltag ergeben haben.

Ja, sofern die Wörter „Vorschuss“ oder „vorläufige Quittung“ ausgeschrieben auf dem Dokument vorhanden sind. Es handelt sich um einen Vorschuss auf die endgültige Entschädigung, mit dem Sie die ersten Kosten decken können.

Handelt es sich hingegen um ein endgültiges Vergleichsangebot, das Sie annehmen, so anerkennen Sie, dass Ihr Körperschaden durch die Zahlung des angegebenen Betrags vollständig und endgültig wiedergutgemacht ist.

Dies hängt von der Entwicklung Ihres Gesundheitszustands nach dem Unfall ab. Erst wenn Ihr Gesundheitszustand konsolidiert ist, das heißt wenn die Folgeerscheinungen sich weder verbessern noch verschlimmern, erstellt der Vertrauensarzt ein abschließendes Gutachten, in dem er die Prozentsätze der zeitweiligen Arbeitsunfähigkeit (vom Tag des Unfalls bis zum Datum der Konsolidierung) und der bleibenden Arbeitsunfähigkeit (ab dem Datum der Konsolidierung) festlegt.

Das Verfahren zur Anfechtung eines Sachverständigengutachtens hängt von der Art der laufenden Expertise ab.

Einseitige  Expertise, die von dem Arzt durchgeführt wird, welcher von der für die Entschädigung zuständigen Versicherung bestellt wurde: Sie können eine Begutachtung durch einen ärztlichen Gutachter in Anspruch nehmen (dessen Honorare gegebenenfalls von Ihrer Rechtsschutzversicherung übernommen werden). Wenn dieser Arzt Ihren Standpunkt bestätigt, können Sie verlangen, dass die Expertise kontradiktorisch erfolgt (entweder gütlich, wenn die entschädigungspflichtige Versicherung einverstanden ist, oder gerichtlich, wenn Sie dies bei Gericht beantragen).

Gütliche kontradiktorische Expertise: Wenn Sie nicht mit dem Gutachten einverstanden sind, das gemeinsam von Ihrem Vertrauensarzt und jenem der gegnerischen Versicherung aufgesetzt wurde, ist es unabdingbar, einen dritten Schiedsarzt hinzuzuziehen.

Gerichtliche kontradiktorische Expertise: Da der Richter nicht verpflichtet ist, die Schlussfolgerungen des gerichtlichen Sachverständigen anzunehmen, da sie nur eine „Stellungnahme“ darstellen, können Sie versuchen, den Richter davon zu überzeugen, dass das Sachverständigengutachten einen Fehler und/oder eine Auslassung enthält. In diesem Fall kann der Richter eine ergänzende Begutachtung durch denselben Sachverständigen anordnen oder einen neuen Sachverständigen bestellen.

Ja. Es gibt zwei medizinische Expertisen: die eine wird im Gemeinrecht durchgeführt (durch die Kfz-Haftpflichtversicherung des verantwortlichen/beteiligten Fahrzeugs), die andere wird im Gesetz durchgeführt (durch den Versicherer des Arbeitgebers). Die Schlussfolgerungen der ärztlichen Gutachter bei beiden Begutachtungen können relativ ähnlich sein… oder unterschiedlich.

Die nach einem Arbeitsunfall / Unfall auf dem Arbeitsweg durchgeführte Expertise zielt darauf ab, hauptsächlich die Auswirkungen der Folgeerscheinungen auf Ihre Arbeitsfähigkeit zu bewerten. Die im Gemeinrecht durchgeführte Expertise bewertet sodann andere Schadensposten wie die persönliche Beeinträchtigung und die Unfähigkeit zu Haushaltsarbeit.

Die Entschädigung des Schadens

Die Entschädigung des Körperschadens ist der zweite Teil des Prozesses zur Wiedergutmachung des Körperschadens. Wenn die medizinische Expertise abgeschlossen ist und eine Einigung über den Konsolidierungsbericht des/der ärztlichen Gutachter(s) (oder eine gerichtliche Entscheidung) erzielt wurde, wird die Entschädigung auf der Grundlage der darin genannten Prozentsätze der zeitweiligen/bleibenden Arbeitsunfähigkeit und anderer möglicher Beeinträchtigungen und Kosten berechnet.

Nur die vom ärztlichen Gutachter anerkannten Schäden werden entschädigt.

FAQ

Ja, Sie sind der Schuldner, daher müssen Sie die Rechnung bezahlen. Wenn es jedoch einen Versicherungsträger gibt, der Sie entschädigen muss, wird Ihnen der Rechnungsbetrag in der Folge erstattet, wenn die Kosten mit dem Unfall in Verbindung stehen.

Die folgenden Etappen werden durchlaufen:

  1. Sie erhalten die Rechnung und bezahlen sie. Wenn die geforderten Beträge zu hoch sind, können Sie Ihre Versicherung um Vorschüsse bitten, um Sie bei der Bezahlung der Kosten zu unterstützen;
  2. Sie senden eine Kopie der Rechnung an die Krankenkasse, die teilweise die Kosten übernimmt (außer wenn sie sich bereits beteiligt hat, beispielsweise im Falle einer Rechnung für einen Krankenhausaufenthalt);
  3. Nachdem Ihnen ein Teil von der Krankenkasse erstattet wurde, können Sie den Saldo zu Ihren Lasten von Ihrer Versicherung verlangen, indem Sie eine Kopie der ursprünglichen Rechnung und einen Beleg für die Leistung der Krankenkasse beifügen.

Achtung: Bei einem Arbeitsunfall / Unfall auf dem Arbeitsweg sollten Sie sich nicht an Ihre Krankenkasse wenden, sondern an die gesetzliche Versicherung.

Gute Ratschläge:

  • Bilden Sie zwei Ordner, in die Sie einerseits alle medizinischen Dokumente, die Ihre Verletzungen nachweisen, und andererseits sämtliche Rechnungen und sämtliche Kosten in Verbindung mit dem Unfall, einschließlich der Abrechnungen der Krankenkasse, einsortieren.
  • Übergeben Sie niemals ein Originaldokument, ohne zuvor eine Kopie davon angefertigt zu haben.

Da die vollständige Entschädigung erst nach Abschluss der Expertise erfolgen kann, können Monate, ja sogar Jahre vergehen, bevor dieser Zeitpunkt eintrifft.

In Erwartung Ihrer endgültigen Entschädigungen kann die für Ihre Entschädigung zuständige Versicherung Ihnen Vorschüsse auszahlen, die bei der abschließenden Abrechnung von Ihrer Entschädigung abgezogen werden. Um einen Vorschuss zu erhalten, können Sie eine Liste der Kosten (samt Belegen), die Sie persönlich zu bestreiten hatten, sowie einen Beweis für Ihren Lohnausfall, sofern Sie davon betroffen sind, an die Versicherung übermitteln.

Im Gemeinrecht (das heißt in der zivilrechtlichen Haftpflicht) ist das Grundprinzip die vollständige Wiedergutmachung des Schadens. Genau betrachtet, gibt es keine Gesetze, in denen der Betrag der Entschädigungen festgelegt wäre.

Allerdings gibt es eine indikative Tabelle. Diese indikative Tabelle ist ein Hilfsmittel für Fachleute (Versicherer, Magistrate, Rechtsanwälte…), in welchem die verschiedenen entschädigungsfähigen Schäden und die entsprechenden Pauschalbeträge aufgeführt sind. Diese Tabelle ist ein Werkzeug, das entsprechend den Umständen und der persönlichen Situation des Opfers angepasst werden muss.

Alle erlittenen Beeinträchtigungen müssen entschädigt werden, sowohl die materiellen Schäden (beispielsweise Schäden am Fahrzeug) als auch die Körperschäden.

Zum einen werden die tatsächlichen Kosten erstattet, das heißt die Arztkosten, Medikamentenkosten, Fahrtkosten für die Arzttermine usw.

Zum anderen können drei Hauptschadenposten entschädigt werden, und dies zeitweilig (ab dem Unfall bis zum Datum der Konsolidierung) und/oder dauerhaft (ab der Konsolidierung bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Folgeerscheinungen sich nicht mehr weiterentwickeln, sofern Sie nicht vollständig genesen sind):

  • Die persönliche Beeinträchtigung: Dabei handelt es sich um die Gesamtheit der körperlichen und/oder psychischen Auswirkungen der Folgeerscheinungen, die Sie infolge des Unfalls in Ihrem Alltag ausgesetzt sind.
  • Die Unfähigkeit zu Haushaltsarbeit: Es geht darum, dass Sie nicht mehr in der Lage sind, Aufgaben im Haushalt so wahrzunehmen, wie Sie dies vor dem Unfall konnten (Instandhaltung Ihres Hauses, Ihres Gartens, Zubereitung von Essen, Wäsche, sich um die Kinder kümmern…).
  • Die wirtschaftliche Unfähigkeit: Es handelt sich um den Lohnverlust und/oder den erhöhten Arbeitsaufwand, um dieselbe Arbeit aufzuführen, und/oder einen Wertverlust auf dem Arbeitsmarkt im Falle einer bleibenden Arbeitsunfähigkeit.

Hinzu können weitere entschädigungsfähige Schäden kommen, wie ästhetische Schäden, entgangene Lebensfreude, sexuelle Schädigung…

Von Fall zu Fall führen verschiedene Wege zur Entschädigung.

Auf gütlichem Wege: Das Opfer und der für die Entschädigung zuständige Versicherungsträger einigen sich über die Beträge der Entschädigungen und schließen zusammen einen endgültigen Vergleich.

Auf strafgerichtlichem Wege: Wenn die vermutlich unfallverantwortliche Person vor die strafrechtliche Abteilung des Polizeigerichts geladen wird, kann jede geschädigte Person als Zivilpartei auftreten, um die Entschädigung ihres Schadens zu verlangen. Wenn Sie nicht am Prozess teilnehmen konnten, können Sie die Akte im Nachhinein erneut vor den Strafrichter bringen, damit er ausschließlich über Ihren Schaden befindet.

Auf zivilgerichtlichem Wege: Sie können sich ebenfalls dafür entscheiden, die zivilrechtliche Abteilung des Polizeigerichts anzurufen, indem Sie den verantwortlichen Dritten und/oder den Versicherungsträger, der Sie Ihrer Meinung nach entschädigen muss, gerichtlich laden lassen. Die Befassung des Zivilgerichts kann sich beispielsweise dann als erforderlich erweisen, wenn kein Strafprozess stattfindet (Einstellung des Verfahrens) und wenn durch den Versuch einer gütlichen Einigung kein Einvernehmen hinsichtlich Ihrer Entschädigung erreicht wurde. Um vor dem Zivilrichter eine Entschädigung zu erwirken, müssen Sie das Vorhandensein von drei Elementen nachweisen: den Fehler der geladenen Person (außer wenn Sie ein schwacher Verkehrsteilnehmer waren), den erlittenen Schaden und den kausalen Zusammenhang zwischen dem Fehler und dem Schaden.

Dies hängt von dem gewählten Weg ab.

Die gütliche Einigung ist im Allgemeinen der schnellste Weg, da sie außerhalb von einem Gerichtsverfahren abgewickelt werden kann. Allerdings kommt es häufig vor, dass die Versicherungen keine Stellung beziehen (und daher keine Entschädigung vornehmen), solange sie keinen Zugang zur Strafakte haben.

Der strafrechtliche Weg ist meist recht langwierig, da nicht nur die strafrechtliche Voruntersuchung abgeschlossen werden muss, sondern auch der Prozess, was mehrere Monate dauern kann und zwangsläufig mit einer Verurteilung enden muss.

Der zivilrechtliche Weg kann von einem Fall zum anderen sehr unterschiedlich lange dauern. Man sollte Folgendes nicht außer Acht lassen: Sobald ein Gericht angerufen wurde, ist der Rechtssuchende abhängig von den für die Gerichtssitzungen festgesetzten Fristen, den eventuell von den Anwälten gestellten Anträgen auf Aufschub, den von jeder Partei verlangten Fristen für die schriftliche Darlegung ihrer Argumente…

Eine eventuelle Wiedereröffnung der Akte bei der für Ihre Entschädigung zuständigen Versicherung hängt davon ab, ob medizinische Vorbehalte vorhanden sind, die von dem/den ärztlichen Gutachter(n) vorgesehen und entweder in dem mit der Versicherung geschlossenen Vergleich oder in einer gerichtlichen Entscheidung festgeschrieben wurden.

Medizinische Vorbehalte werden vorgesehen, wenn das Eintreten einer Verschlimmerung des Schadens nach der Konsolidierung möglich, aber nicht sicher ist. Diese Vorbehalte können allgemeiner Art oder stark eingeschränkt sein (beispielsweise wenn sie eine präzise definierte Erkrankung eines bestimmten Organs oder einer bestimmten Gliedmaße betreffen); sie können zeitlich unbegrenzt oder aber befristet sein.

Wenn Sie der Ansicht sind, dass die in Ihrem Fall vorgesehenen Vorbehalte geltend gemacht werden müssen, findet eine erneute medizinische Expertise statt, um die Verschlimmerung zu bewerten und gegebenenfalls eine erneute Entschädigung vorzunehmen.

Die von Ihrem Arbeitgeber abgeschlossene Versicherung, die auch als gesetzliche Versicherung bezeichnet wird, entschädigt ausschließlich: den Verlust der Arbeitsfähigkeit, die medizinischen Kosten, die Kosten für Prothesen sowie Fahrtkosten.

Das Gesetz bestimmt die Berechnung der Entschädigung: Es handelt sich nicht um eine vollständige Entschädigung, wie dies im Gemeinrecht der Fall ist. So wird beispielsweise die zeitweilige Arbeitsunfähigkeit zum Satz von 90 % der durchschnittlichen täglichen Entlohnung entschädigt.

Falls zusätzlich zur gesetzlichen Versicherung eine Versicherung nach Gemeinrecht interveniert (die Haftpflichtversicherung des verantwortlichen/beteiligten Fahrzeugs oder der belgische Gemeinsame Garantiefonds), so entschädigt diese Versicherung die Schäden, die nicht von der gesetzlichen Versicherung gedeckt waren, das heißt: materielle Schäden, persönliche Beeinträchtigung, Unfähigkeit zu Haushaltsarbeiten und andere.

Das Grundprinzip ist die vollständige und konkrete Wiedergutmachung des Schadens, soweit bewiesen wird, dass die Gesamtheit der Folgeerscheinungen auf den Unfall zurückzuführen ist.